Michelangelo Merisi da Caravaggio ist einer der großen Maler des 17. Jahrhunderts. Er starb mit nur 38 Jahren und führte ein turbulentes Leben. Er ist nicht nur unter spezialisierten Kunsthistorikern, sondern auch unter Kunstinteressierten bekannt. Wer an Caravaggio denkt, hat sofort Werke wie Narziss von 1596 / 1597 oder Kleiner kranker Bacchus von 1593 vor Augen. Caravaggio gilt als Begründer der Chiaroscuro Malerei; seine Motive waren oft Knaben und seine Themen meist christlich. Sein einzigartiger Umgang mit Farben und Lichtspielen und sein Leben als extravagante Persönlichkeit haben ihn berühmt gemacht – eine Vielzahl an Fachliteratur, Romanen und Filmen über das Leben und Werk des Caravaggio bestätigen dies. Er gilt als einer der großen Künstler der Frühbarockmalerei.

Caravaggio war ein Maler mit einer tatsächlich kriminellen Laufbahn. Viele Kunstwissenschaftler sehen Caravaggios Persönlichkeit in seiner Kunst widergespiegelt. Dieser Maler des Barocks beeinflusst noch heute viele Künstler durch seine starken Kontraste zwischen Hell und Dunkel. Seine Kunst zeichnet sich nicht nur durch dramatische und theatralische Szenen aus, sondern auch durch seine realistische und atemberaubende Technik.

Caravaggio Kranker Bacchus frühes Gemälde von Caravaggio
Der Kranke Bacchus war eines der ersten Gemälde von Caravaggio. Er malte den kleinen, kranken Bacchus 1593 im Alter von ca. 22 Jahren. Das BIld befindet sich in der Galleria Borghese in Rom. /// Foto Web Gallery of Art

Das turbulente Leben eines Meisters

Michelangelo Merisi wurde 1571 in Mailand geboren und starb 1610 in Porto Ercole. Er wurde Caravaggio genannt, da er mit seiner Familie zwischen 1576 und 1592 in Caravaggio lebte. Als junger Knabe lernte er zunächst vier Jahre lang bei dem Maler Simone Peterzano in Mailand. Nachdem er dann in Bologna war, ging er 1592 nach Rom.

Caravaggio machte in Rom zwei Phasen durch: Zwischen 1592 und 1599 beschäftigte er sich mit der Renaissance und Antike und zwischen 1599 und 1606 verachtete er konventionelle Regeln und wandte sich einer neuen Art des Realismus zu. In Rom wurde er wohlwollend aufgenommen und arbeitete anfangs in verschiedenen Malerwerkstätten. Nach wenigen Jahren machte sich Caravaggio selbstständig und verkehrte in hohen Kreisen. Kardinal del Monte war einer seiner wichtigsten Förderer und ließ den Künstler im Palazzo Madama wohnen. Im Jahr 1599 bekam Caravaggio seine erste große Auftragsarbeit für zwei Historienbilder in der Capella Contarelli in S. Luigi dei Francesi.

Über den Maler Caravaggio gibt es viele Legenden und Geschichten, die ihn zu einer interessanten Persönlichkeit machen. Nicht selten hatte er mit dem Gesetz Probleme: öffentliche Ausraster, unerlaubte Führung einer Waffe, Ruhestörung, Inhaftierung wegen diffamierender Gedichte und wegen Widerstands gegen die Polizei, Körperverletzung und nicht zuletzt Mord. Nach dem Totschlag an Ranuccio Tomassoni im Jahr 1606 floh der italienische Meister in die Sabiner Berge. 1608 wird er in Malta inhaftiert. Danach flüchtete er nach Sizilien. 1609 gerät er in eine Schlägerei, die ihn schwer verletzte. Das Erstaunlichste an seiner kriminellen Laufbahn ist, dass Caravaggio auch während dieser Zeit stets weitergearbeitet und Auftragsarbeiten geliefert hat. Nach einem an Aufregung sicherlich nicht armen Leben, starb Caravaggio im Jahr 1610, im Alter von nur 38 Jahren – als Todesursache wird Malaria vermutet.

Das Martyrium des heiligen Matthäus Caravaggio Detailansicht
Ausschnitt aus dem Gemälde Das Martyrium des heiligen Matthäus. Es ist eines von drei Bildern Caravaggios in der Contarelli Kapelle in Rom. Das Ölgemälde entstand in der Zeit zwischen 1599 und 1600. /// Foto: Web Gallery of Art

Stil und Werk Caravaggios

Chiaroscuro

Auffallend sind die dunklen Hintergründe und die plastisch wirkenden Motive in Caravaggios Bildern. Durch die Chiaroscuro – Hell-Dunkel-Malerei – wirken dargestellte Personen, Tiere, Gewänder und Stillleben plastischer. Der hohe Kontrast zwischen Hell und Dunkel lässt die Motive in einem dramatischen, fast unnatürlichen und profanen Licht erscheinen. Durch diese Technik gewinnen die Kompositionen an Tiefe und Theatralik. Schon Leonardo da Vinci setzte sich mit starken Kontrasten auseinander. Caravaggio perfektionierte diese Technik und beeinflusste somit viele Künstler, die sich diese Technik ebenfalls aneigneten, um Szenen noch ausdrucksstärker wirken zu lassen. Sogar im 20. Jahrhundert wurde Chiaroscuro im Film noir verwendet und war wichtiger Bestandteil dieser Filme. Auch heute noch wird dieser Effekt in der Fotografie benutzt.

Farbgebung

Farblich erkennt man eine Vorliebe für Erdtöne. Schwarz, Weiß, Grün-, und Brauntöne dominieren seine Kompositionen. Christliche Szenen werden oft mit einem satten und auffälligen Rot kombiniert – entweder als rote Gewänder von Heiligen wie zum Beispiel die Darstellung des Jesus in „Das Abendmahl in Emmaus“ von 1601 und „Der Heilige Hieronymus“ von 1606, oder als abgelegtes Gewand wie in „Johannes der Täufer“ von 1610 oder „Judith enthauptet Holofernes“ von 1598.

Technik

Caravaggios Technik war sensationell, da er stets auf Details achtete und nichts dem Zufall überließ: Physiognomien sind individuell, Falten der Gewänder naturgetreu und die Anatomie korrekt. Meist behandelte Caravaggio christliche Themen. Aber auch der römische Gott Bacchus scheint ein beliebtes Motiv gewesen zu sein. Portraits gehörten ebenfalls zu seinem Repertoire. Seine Vorliebe für junge Männer ist unverkennbar. Viele Darstellungen zeigen junge Knaben posierend oder in alltäglichen Szenen mit einem verführerischen Blick und aufreizenden Posen – wie zum Beispiel Knabe mit Früchtekorb von 1593/94, viele Darstellungen von Johannes dem Täufer, Amor als Sieger von 1602 oder verschiedene Bacchus-Darstellungen.

Darstellungen

Bei genauer Betrachtung seiner Werke, kann man durchaus Caravaggios Mut erkennen. Er vereint biblische Szenen mit alltäglichen Momenten und stellt Heilige mit einem gewissen Realismus dar. Bei dem Auftragsgemälde Das Abendmahl in Emmaus ist Christus fast nicht zu erkennen. Das einzige Merkmal, welches ihn von den restlichen drei Figuren unterscheidet, ist, dass er ein auffällig rotes Gewand trägt. Caravaggio scheute nicht, ihn mit geröteter Nase, leichten Stirnfalten und ausgedünnten Haaren darzustellen. Der Maler hat also keine Skrupel, auch Heilige menschlich abzubilden. Auch Kleiner kranker Bacchus stellt die mythologische Figur in einer höchst unvorteilhaften Art dar: grünliches Gesicht und krank wirkende Lippen. Selbst vor brutalen Szenen zeigt Caravaggio keine Scheu: In Judith enthauptet Holofernes hält Judith die Haare des Holofernes und stößt eine Klinge in seinen Hals. Holofernes Gesichtsausdruck stellt jeden heutigen Horrorfilm in den Schatten und auch das Blut, welches aus seinem Hals auf das weiße Tuch spritzt ist furchterregend. Judiths Entschlossenheit wird mit Stirnfalten und einem starken Griff versinnbildlicht. Das Haupt der Medusa von 1595/96 ist nicht weniger brutal. Hier stellt der Maler den gerade abgeschlagenen Kopf der Medusa dar. Der Gesichtsausdruck ist voller Schrecken, Todesangst und Zorn. Das Blut spritzt wie ein Wasserfall aus der Wunde nach unten.

Werke im Fokus

Narziss – 1596/97

Narziss Caravaggio Detailansicht
Ausschnitt aus dem Gemälde Das Martyrium des heiligen Matthäus. Es ist eines von drei Bildern Caravaggios in der Contarelli Kapelle in Rom. Das Ölgemälde entstand in der Zeit zwischen 1599 und 1600. /// Foto: Web Gallery of Art

Eines der beeindruckendsten Werke Caravaggios. Nicht nur seiner Chiaroscuro-Technik wegen, sondern auch wegen der perfekten Spiegelung im Wasser des Narziss. Die Figur aus der griechischen Mythologie verliebte sich in ihr Spiegelbild. Daraus entstand auch der Begriff Narzissmus, welcher immer noch Psychologen, Sozialwissenschaftler und Philosophen beschäftigt.

Das Gemälde zeigt einen jungen Knaben mit dunkelblondem und lockigem Haar. Er trägt barockes Gewand in Weiß mit weiten Ärmeln und einem Muster an Rücken und Brust. Die Ärmel sind bis zum Ellenbogen hochgekrempelt und die dunkle Hose reicht bis zum Knie. Der Knabe scheint an einem Ufer zu sitzen und beugt sich vor, um im stillen Wasser sein Spiegelbild anzusehen. Sein Mund ist halb offen und sein Gesichtsausdruck ist hingebungsvoll und selbstverliebt. Das dunkle Wasser im unteren Teil des Bildes spiegelt den Knaben wider – Arme, Schultern, Gesicht und Knie. Mit der rechten Hand stützt der junge Mann sich ab und mit der linken Hand versucht er, sein Spiegelbild zu berühren. Das Werk fängt lediglich diesen Moment ein, ohne jeglichen Hintergrund oder weitere Figuren. Im Hintergrund ist nur die schwarze Farbe zu erkennen, welche die Figur hervortreten lässt. Die Komposition ist in dunklen Farben gehalten, lediglich seine helle Haut und das Gewand zeichnen sich im Licht ab. Stirnfalten, Handgelenke, Fingernägel, Knie, Haare, Ohr und Gewandfalten werden in höchster Qualität dargestellt und lassen diese Darstellung plastisch wirken.

Die Thematik ist klar: die Tragik der unerfüllbaren und ausweglosen Liebe. Der Kunsthistoriker Roberto Longhi entdeckte das Gemälde und schrieb es 1916 Caravaggio zu, obwohl verschiedene Kunsthistoriker sich über den Urheber nicht einig waren. So glaubte Erwin Panofsky, dass Narziss ein Werk von Orazio Gentileschi sei. Das Werk wurde ohne Vorzeichnung auf die Leinwand gemalt. Die Komposition bildet einen Kreis aus Realität und Wunsch. Der kleine Ausschnitt der Szene macht dies deutlich.

Heiliger Hieronymus

Der Heilige Hieronymus von Caravaggio Gemälde
Der Heilige Hieronymus zeichnete Caravaggio auf dunklem Hintergrund. Das Bild entstand um 1906 und befindet sich wie andere Gemälde von Caravaggio in der Galleria Borghese in Rom. /// Foto: Web Gallery of Art

Heiliger Hieronymus aus dem Jahr 1606 ist ein außergewöhnliches Werk, da Caravaggio den Heiligen Hieronymus so darstellt, wie keiner zuvor. Er verzichtet gänzlich auf wohnliche Gegenstände und bildet lediglich den Heiligen, einen Tisch, Bücher, einen Stift und einen Totenkopf ab.

Die Darstellung zeigt einen älteren Mann mit Nimbus, sitzend. Sein langer Bart und seine spärlichen Haare sind zerzaust. Sein Blick ist nach unten einem Buch zugewandt, welches er gerade zu lesen scheint. Seine Stirn ist voller Konzentration in Falten gelegt und sein kahler Kopf ist dem Betrachter entgegen gereckt. Er trägt ein rotes Gewand, ganz in Stil und Ikonographie der Gelehrten der Antike. Seine rechte Schulter ist entblößt, mit der rechten Hand hält er einen Stift und mit der linken Hand hält er ein geöffnetes Buch auf einem Holztisch. Zwei weitere Bücher liegen auf dem Tisch – eines geöffnet, das andere zugeschlagen. Auf dem offenen Buch ruht ein Totenkopf und unter den Büchern liegt ein weißes Tuch, welches über die Kante des Tisches fällt. Der Hintergrund ist in Schwarz gehalten und wiederum schafft es Caravaggio, den Moment festzuhalten, indem er nur die wichtigen Elemente darstellt, wobei der Totenkopf eine symbolische Darstellung ist. Auffällig ist der rote Umhang, welcher durch die satte Farbe einen großen Kontrast zum dunklen Hintergrund und dem weißen Tuch bildet. Eine äußerst harmonische Farbkombination. Weiterhin ist das Gemälde in hellen und dunklen Brauntönen gehalten, die für den Tisch, Bücher, Hautfarbe und Totenkopf verwendet wurden.

Caravaggio veranschaulicht hier die Spuren des Alters – kahler Kopf, schütteres Haar, gebrechliche Figur, sehnige Arme. Der Totenkopf erinnert an die Sterblichkeit. Die Hingabe an Wissen und Weisheit wird hier deutlich gemacht. Caravaggio hat weitere Darstellungen des Heiligen Hieronymus geschaffen, die in der Komposition alle sehr ähnlich sind.

Caravaggio nach seinem Tod

1620 gründeten Hendrick Terbrugghen, Gerard van Honthorst und Dirck van Baburen die Malschule Utrechter Caravaggisten. Gerade niederländische Maler kamen nach Rom, um Caravaggios Werk zu studieren. Der barocke Meister beeinflusste viele Künstler nach seiner Zeit. Unter anderem erkennen Experten auch Einflüsse von Caravaggio in Der Tod des Marat von Jacques Louis David. Caravaggio war fast vergessen, bis Roberto Longhi eine Ausstellung 1951 organisierte – Mostra del Caravaggio im Palazzo Reale in Mailand. Danach fanden immer wieder Ausstellungen mit seinen Werken statt, wie zum Beispiel die Ausstellungen im Jahr 2011, Hommage an Caravaggio, in der Gemäldegalerie in Berlin. Derek Jarman führte 1986 Regie beim Spielfilm Caravaggio, ein Film, der verschiedene Filmpreise gewann. Auch Schriftsteller beschäftigten sich oft mit dem provokanten Maler.

Die Gemälde des Meisters sind heute in verschiedenen Museen auf der ganzen Welt zu sehen. Unter anderem auch in Berlin, Florenz, London, Paris, Rom und in den USA. Auch in Kirchen können die Meisterwerke von Caravaggio betrachtet werden, wie zum Beispiel in der Santa Maria del Popolo in Rom.

Im April 2016 berichteten die Medien über ein verloren gegangenes Gemälde Caravaggios, welches auf einem Dachboden in Frankreich gefunden wurde – ein typisches Klischee. Das gefundene Meisterwerk ist eine weitere Darstellung von Judith enthauptet Holofernes. Der Wert wird auf 120 Millionen geschätzt. Das Gemälde ist unverkennbar ein Werk Caravaggios – individuelle Physiognomien, naturalistische Figuren, Chiaroscuro, ein rotes Tuch über der Gruppe, das typische Spritzen des Blutes, welches der Darstellung von 1598 sehr ähnelt. Auch wissen Kunsthistoriker aus Briefen, dass es dieses Werk wirklich geben musste. Die Spur verlor sich jedoch im Jahr 1617.

Caravaggio ist also heute noch ein gefragter Künstler – und das nicht nur, weil er ein Meister des Barock war und die Chiaroscuro-Technik perfektioniert hat, sondern auch weil seine Kompositionen an Schönheit unübertroffen sind. Die naturalistischen Darstellungen, die ausdrucksstarken Kontraste, die Konzentration auf das Wesentliche, die perfekte Gestaltung der Figuren, die hohe Dramatik, der Mut zur Brutalität und die harmonischen Kompositionen – das alles und noch viel mehr machen Caravaggios Werke zu einzigartigen Bildern, die auch heute noch den Betrachter verblüffen und ihn in ihren Bann ziehen. Das ganz abgesehen von seiner exzentrischen Lebensweise. Ein Motiv also, das ihn als Persönlichkeit nicht weniger interessant macht. Vielleicht wird er auch deshalb so oft in Romanen und Filmen behandelt, denn dramatische Figuren scheinen einen besonderen Glanz zu besitzen.

Barock – eine goldene Zeit für die Kunstgeschichte und Caravaggio

Wenn man von Caravaggio redet kommt man nicht daran vorbei, die Zeit des Barock zu erwähnen. Denn Caravaggio wurde in die Anfangszeit des Barock hineingeboren. 1571 kam der Maler in Mailand zur Welt und ging 1592 nach Rom. Rom war die Hauptstadt des Barock. Die großen Meister der Renaissance haben das Barock hervorgerufen und die Hauptstadt Italiens war der Mittelpunkt des Geschehens – nirgends waren die Stile so vielfältig wie hier. Auch heute noch ist es schwierig, das Barock als einheitlichen Stil zu begreifen. Architektur, Skulptur und Malerei übertrafen sich ständig mit prunkvollen Fassaden, einzigartigen und dramatischen Darstellungen und einflussreichen Meistern. Ein goldenes Zeitalter für die Kunst also.

Caravaggio lebte in einer Zeit, in welcher die Kunst Begriffe wie capriccioso, bizzaro und stravagante prägte. Die Künstler und die Auftraggeber empfanden Wohlgefallen am Eigentümlichen und der Reiz des Formlosen, die Abkehr von strikten Normen und Manieren begann zu wirken. Die Beschäftigung mit der Antike ist unverkennbar. Doch anstatt die alten Meister lediglich zu kopieren, bringen die Meister des Barock neue Bewegungen und Empfindungen in die Kunst. Nicht nur die Malerei distanzierte sich von statisch wirkenden Motiven, sondern auch die Architektur eignete sich verspielte und dynamische Motive an. Der Kunsthistoriker Heinrich Wölfflin nennt dies den malerischen Stil und die Auflösung des Regelmäßigen. Die Wirkung des Barock wird durch Massen aus Licht und Schatten begründet – so, wie auch Caravaggio seine Werke komponierte. Zwar hinterlässt auch der Dreißigjährige Krieg seine Spuren im Barock, doch war Caravaggio zu dieser Zeit nicht mehr am Leben, da er 1610 starb und der Krieg erst acht Jahre später begann.

Freiheit, Dramatik, massige Ernsthaftigkeit, Bewegung, Rhythmik, Schatten, weiche Linien – alles Begriffe, die das Barock definieren. Und das nicht nur in der Architektur, sondern auch in der Malerei. Harte und scharfe Kanten, wie auch Ecken erweichen zu harmonischen Kompositionen aus Realismus und konkav-konvexen Linien. Die Formen der Renaissance haben ihren Reiz verloren – der Ausdruck und die Stimmung rücken in den Vordergrund. Wenn man Caravaggios Kunst betrachtet, muss man sich vor Augen halten, in welcher Welt er gelebt hat, denn das Leben im 17. Jahrhundert war ein Leben im ständigen Widerspruch: Todesangst und Lebensfreude, Verschwendungssucht und Enthaltsamkeit. Während die höheren Schichten sich der Lebensfreude und dem carpe diem widmeten, lebte die untere Schicht im ständigen Bewusstsein, dass der Tod an jeder Ecke lauert. Auch große Philosophen waren im ständigen Streit. Zu Caravaggios Zeiten stritten sich der Empirist Thomas Hobbes und der Rationalist René Descartes. All diese Eindrücke, all die sozialen, politischen und kulturellen Einflüsse spiegeln sich in Caravaggios Werken wieder. Wer sich also mit Caravaggio beschäftigt, sollte sich ebenfalls mit seiner Umgebung und seinen Zeitgenossen beschäftigen, um seine Kunst und seinen Ausdruck besser verstehen zu können.


Titelbild: Der Lautenspieler von Caravaggio entstand um 1595 – 1596. /// Foto: Web Gallery of Art

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