Das Museum Rietberg in Zürich beherbergt eine einmalige Sammlung an Kunstgegenstände aus Amerika, Afrika, Asien und der Inselwelt des Pazifiks (Ozeanien). Das Museum erstreckt sich über mehrere historische Villen und einen modernen Erweiterungsbau, dank welchem die Ausstellungsfläche mehr als verdoppelt werden konnte. Alle Gebäude stehen im sehenswerten Rieterpark in der Nähe des Zürichsees. Richard Wagner schrieb hier sein Musikdrama Tristan und Isolde.

Die Sammlung des Museum Rietberg

Grundlage der heutigen Sammlung ist eine Schenkung des deutsch-schweizerischen Kunstsammlers Eduard von der Heydt im Jahr 1946 an die Stadt Zürich. Seit den 1920er Jahren sammelte er Kunstobjekte aus Asien und Afrika. Nach kurzer Zeit war er im Besitz einer der größten Privatsammlungen indischer und chinesischer Objekte. Herr von der Heydt betrachtete Kunst als transkulturelle Erscheinung ohne nationale und ethnische Grenzen. Im Jahr 1949 wurde eine der historischen Villen im Rieterpark umgebaut, um dort seine Schenkung dauerhaft präsentieren zu können. Im Mai 1952 ist dann das Museum offiziell eröffnet worden.

China

Einer der weltweiten Beachtung findenden Schwerpunkte der chinesischen Sammlung sind buddhistische Stelen aus der Wei-Dynastie. Eines dieser Objekte zeigt den Buddha Shakyamuni in einer für seine Religion typischen Körperhaltung. Er befindet sich im Schneidersitz und scheint zu meditieren. Um ihn herum steht eine Gruppe von Anhängern. Seine manuelle Gestik deutet auf eine Einladung hin, seinem Beispiel zu folgen. Auf der Rückseite der Stele stehen die Namen von 105 Spendern. Sie haben die Erschaffung dieses Kultgegenstands finanziert und damit nach buddhistischer Auffassung eine gute Tat vollbracht. Das Objekt wurde im 6. Jahrhundert aus Kalkstein angefertigt. Der talentierte Künstler ist leider unbekannt.

Japan

Ein Highlight der japanischen Sammlung sind über 30 Masken. Sie zeigen einerseits menschliche Gesichter, andererseits sind Antlitze zu sehen, die an Geister oder Dämonen erinnern. Beim Betrachten fallen interessante künstlerische Verfremdungen auf. So sind bei einigen Masken die Gesichtsfalten ungewöhnlich stark ausgeprägt und die Pupillen treten weit aus den Augen heraus. Die meisten dieser Objekte stammen aus dem 17. Jahrhundert. Einen weiteren Schwerpunkt der Kunst aus Nippon bilden Malereien. Besonders interessant sind solche, die mit Tusche erstellt wurden. Sie zeigen neben den Bildmotiven auch japanische Schriftzeichen. Dadurch verkörpern sie die Verschmelzung von Dichtkunst und Malerei.

Japanische Nô Masken Museum Rietberg
Nô Masken im Museum Rietberg /// Foto: Museum Rietberg

Kambodscha

Das auch heute noch in Kambodscha ansässige Volk der Khmer hatte vom 7. bis zum 13. Jahrhundert seine kulturelle Blütezeit. Das Museum Rietberg zeigt drei Skulpturen der Khmer. Darunter ist der Kopf eines Bodhisattvas. Der Begriff bedeutet „erleuchtetes Wesen“. Es gehört zur Philosophie dieser religiösen Gestalten, nicht nur für sich selber nach Erleuchtung zu streben, sondern auch anderen zu helfen, diese zu erlangen.

Himalaya

Die Sammlung der Züricherin Berti Aschmann umfasst über 200 Werke aus der Region des Himalaya. Sie besteht aus buddhistischen Kunstgegenständen und gelangte Mitte der 1990er Jahre zum Museum Rietberg.

Himalaya Sammlung Museum Rietberg
Blick in die Himalaya Sammlung /// Photo: Museum Rietberg

Indien

Im indischen Teil der Ausstellung finden Besucher religiöse Werke der Weltreligionen Hinduismus und Buddhismus sowie des Jainismus, einer kleineren Religionsgemeinschaft mit indischen Wurzeln. Die Objekte stammen aus sehr unterschiedlichen Epochen zwischen dem 3. und 19. Jahrhundert. Zu den Besonderheiten gehört eine Skulptur des hinduistischen Gottes Shiva. Sie wurde um das Jahr 1000 von einem unbekannten Künstler aus Bronze erschaffen. Auch die in Europa weitgehend unbekannte Religion des Jainismus bietet ein herausragendes Objekt. Es zeigt Rishabhanatha, den ersten lehrenden Gott dieser Glaubensgemeinschaft beim Meditieren im Stehen.

Naher Osten

Viele Besucher sind überrascht, wenn sie in der Kunstsammlung zum Nahen Osten auf weit mehr als 200 Teppiche und Textilien treffen. Von den Teppichen stammt so mancher aus der Sammlung von Eduard von der Heydt.

Die amerikanische Sammlung

Geographische Schwerpunkte der Ausstellung alter amerikanischer Kunst sind Mittelamerika und Peru. Eine kleinere Zahl von Objekten stammt aus anderen Gebieten des Kontinents. Für besondere Aufmerksamkeit sorgt bei Besuchern die Nachbildung einer Klapperschlange, welche der deutsche Naturforscher Alexander von Humboldt im Jahr 1804 von einer seiner Reisen mitbrachte. Das Objekt wurde von einem unbekannten aztekischen Künstler aus grauer Basaltlava angefertigt. Es stammt aus dem 15. oder 16. Jahrhundert. Dargestellt wird eine kreisförmig zusammen geringelte Schlange. Vorne oben ragt der Kopf heraus. Gut zu sehen sind die Augen mit Augenwülsten sowie zwei größere Zähne. Die für Schlangen typische, gespaltene Zunge erstreckt sich aus dem Mund und liegt mit der Unterseite vollständig am Körper an. Erkennbar ist auch der aus Ringen gebildete hintere Teil des Körpers, der ein typisches Merkmal von Klapperschlangen ist.

Altamerikanische Sammlung Museum Rietberg
Die Altamerikanische Sammlung /// Foto Museum Rietberg

Afrika

Die Sammlung mit afrikanischer Kunst zeigt bedeutende Werke aus Zentral- und Westafrika. Hauptsächlich werden Skulpturen und Masken präsentiert. Die Mehrzahl der Skulpturen strahlt eine gewisse Gelassenheit und Würde aus. Objekte mit dieser emotionalen Wirkung entsprachen dem Geschmack des Herrn von der Heydt.

Ozeanien

Die Mehrheit der Objekte dieser Sammlung stammt aus der Region Melanesien. Dieses nordöstlich von Australien gelegene Gebiet besteht aus vielen kleinen und einigen größeren Inseln. Das in Europa bekannte Neuguinea gehört zu dieser Gegend. Die Naturreligionen der dortigen Völker haben sich aufgrund einer gewissen Abgeschiedenheit bis heute weitgehend unverändert erhalten. Von entsprechend aktueller Bedeutung sind die zur Sammlung gehörenden, religiösen Kultgegenstände.

Die Schweiz und der deutschsprachige Raum

Mit seiner Sammlung Schweizer Masken, die überwiegend zur Teilnahme an der Fasnacht hergestellt wurden, zeigt das Museum Rietberg in kleinem Umfang europäische Kunst. Die Objekte stammen aus der Zeit zwischen dem späten 19. Jahrhundert und der Mitte des 20. Jahrhunderts. Einige wenige Masken kommen aus Süddeutschland und Österreich. Alle waren langjährig in Gebrauch und sind somit authentische Zeugen traditionellen Brauchtums. Die Hochburgen der Schweizer Fasnacht in der Innerschweiz, St. Gallen und dem Wallis haben unterschiedliche Maskenstile. In der Sammlung sind alle Stilrichtungen zu sehen. Das Sarganserland im Kanton St. Gallen ist ein Gebiet mit hoher kultureller Eigenständigkeit. Dabei spielt die Fasnacht eine wichtige Rolle. Die dort gebräuchlichen Masken stellen oft tatsächlich existierende Personen in karikierter Form dar. Häufig geht es um Leute mit unschönen körperlichen Merkmalen oder Behinderungen. Auch in den anderen Hochburgen dieses närrischen Brauchtums haben die Masken einen grundsätzlich spöttischen Charakter. Traditionell werden Fastnachtsmasken nur von männlichen Personen getragen.

Neben den dauerhaft präsentierten Objekten werden Besuchern Sonderausstellungen, Bildungsveranstaltungen und künstlerische Aktionen geboten.

Das Konzept des Museums

Das Ausstellungskonzept beinhaltet den weitgehenden Verzicht auf Texttafeln, Etiketten und Monitore. Zur Orientierung der Besucher notwendige Beschriftungen sind Bestandteil der Vitrinen und Podeste, mit deren Hilfe die Kunstgegenstände präsentiert werden. Man findet keine aufmontierten Schilder. So sollen Ablenkungen von der gezeigten Kunst auf ein Minimum reduziert werden. Ein Audio-Führer in mehreren Sprachen ermöglicht es, den Blick voll auf die Sammlung zu konzentrieren und sich dabei interessante Informationen anzuhören. Die einfache Gestaltung der Vitrinen und Podeste, die unaufdringlich platzierte Beleuchtung und die dezenten Farben der Räume sorgen für optimale Bedingungen bei der Besichtigung.

Die Vermittlung von Grundwissen über die Kulturen, aus denen die Kunstobjekte stammen, gehört zu den zentralen Anliegen des Museums Rietberg. Als sinnvolle Ergänzung dazu wird versucht, die Beziehung von Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern zur Kunst zu intensivieren. Besucher können in Workshops gestalterische Techniken kennen lernen und selber ausprobieren. Multimediale Projekte zu den Kunstsammlungen und den Sonderausstellungen bilden eine Brücke zwischen den oft sehr alten Kunstobjekten und der technisierten Lebensart der Besucher. In diesen Projekten werden Filme, Audio-Formate und Internetauftritte gestaltet und produziert. Unter dem Begriff „Rietberg & Co.“ besteht ein Angebot an Firmen, mit Kunden und Mitarbeitern das Museum als Veranstaltungsort zu nutzen.

Privaten Firmen, Stiftungen und Personen, die zur finanziellen oder wissenschaftlichen Unterstützung bereit waren, ist es zu verdanken, dass das Museum seine Ausstellungsfläche, seine Sammlung und seine internationalen Kontakte permanent erweitern konnte. Das Museum unterhält Beziehungen zu anderen künstlerischen Einrichtungen in aller Welt. Etwa 80 Prozent der dauerhaft ausgestellten Kunstgegenstände stammen aus Schenkungen.

Park Museum Rietberg
Das Museum Rietberg ist umgeben von einem 67’000 Quadratmeter grossen Park /// Foto: Museum Rietberg

Wissenswertes

Zum Museum gehört ein original japanisches Teezimmer. Es wurde in Japan gebaut und nach dessen weiter Reise in die Schweiz im Museum Rietberg wiederaufgebaut. Alle 14 Tage wird in von einer japanischen Teemeisterin eine traditionelle Zeremonie abgehalten. Sie dauert bis zu vier Stunden und ist geeignet, körperliche und geistige Entspannung zu fördern.

Fester Bestandteil des Museumsprogramms sind Aktionen mit Künstlern. So gab es im Frühling 2013 das Event „Zürich tanzt“ mit der Schweizer Ethnologin und Tänzerin Gabi Glinz. Im Sommer 2013 baute der japanische Architekt Shigeru Ban auf der Aussichtsterrasse der Villa Wesendonck einen Pavillon aus ungewöhnlich leichten Materialien. Karton und Carbon fanden dabei hauptsächlich Verwendung.

Der Rieterpark wird genutzt, um Formen der Gartenkunst zu präsentieren. So gibt es zum Beispiel in Zusammenarbeit mit der Stadt Zürich das Projekt der „Blumentorte“. Dabei werden auf einem extra dafür aufgeschütteten, runden Hügel Blumen unterschiedlicher Arten gepflanzt.

Direktoren des Museum Rietberg

Seit 1998 ist Dr. Albert Lutz Direktor des Museums Rietberg. Er ist Experte für die Kunstgeschichte Ostasiens. Zu seinen Lieblingsobjekten gehört die aus China stammende Nachbildung eines Widders. Sie wurde um das Jahr 600 herum erschaffen. Das ausdrucksstarke Gesicht des Tieres strahlt Kraft und Würde aus. Mund, Nase und Augen wirken ausgesprochen lebendig. Solche Figuren standen im alten China an Wegen, die zu Gräbern führten.
Vom Gründungsjahr 1952 bis 1956 leitete der Schweizer Maler und Kunstpädagoge Johannes Itten das Museum. Er war unter Kunstexperten als Urheber der Lehre von den Farbtypen bekannt. Im Jahr 1956 übernahm die Kunstethnologin Elsy Leuzinger die Führung. Sie gehörte zu den ersten weiblichen Personen in der Schweiz, die ein Museum leiteten. Ihre Tätigkeit als Direktorin endete mit Ihrer Pensionierung im Jahr 1972. Der deutsche Ethnologe Eberhard Fischer leitete von 1973 bis 1998 das Museum Rietberg. Als Wissenschaftler und ehemaliger Museumsdirektor bekam er im April 2012 von der Regierung Indiens einen Preis für Literatur und Bildung überreicht. Im Herbst 2015 folgte das Verdienstkreuz der Republik Elfenbeinküste für seine Verdienste um die westafrikanische Kunst.

Nützliche Informationen für Besucher

Öffentliche Führungen sind kostenlos und dauern etwa eine Stunde. Sie werden immer in deutscher Sprache durchgeführt. Eine vorherige Anmeldung ist nicht erforderlich. Beim Kauf der Eintrittskarte genügt der Hinweis, dass man eine Führung wünscht. Das Fotografieren ist erlaubt.

Innerhalb und außerhalb der Öffnungszeiten sind private Führungen möglich, die individuell gestaltet werden können. Diese sind gut für nicht deutschsprachige Gruppen geeignet, weil für sie mehrere Sprachen zur Auswahl stehen. Es können Schwerpunkte auf Teilbereiche der Sammlung oder auf eine Sonderausstellung gelegt werden. Diese Art von Führung kostet neben dem regulären Eintrittspreis eine zusätzliche Gebühr pro Gruppe.

Das Café des Museums liegt im ehemaligen Wintergarten der Villa Wesendonck. In der wärmeren Jahreszeit steht ein Außenbereich zur Verfügung. Neben den Besuchern des Museums trifft man hier auch auf Züricher, für die das Café ein beliebtes Ziel ist. Das Angebot beinhaltet auch Speisen und Getränke, die passend zu den Themen diverser Sonderausstellungen angeboten werden. Zur Mitnahme in den Rieterpark sind Picknickkörbe bestimmt, die das Café anbietet. Der Inhalt kann individuell zusammengestellt werden.

Parkanlage Museum Rietberg
Die Parkanlage lädt insbesondere im Sommer zum verweilen ein und erlaubt es die gewonnen Eindrücke zu verarbeiten. /// Foto: Museum Rietberg

Zur Anfahrt wichtige Hinweise: Es gibt beim Museum abgesehen von einigen Behindertenparkplätzen keine öffentlichen Parkflächen. Darum wird für die Anfahrt zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel geraten. Eine Möglichkeit ist die Fahrt mit der S-Bahn bis zum Bahnhof Enge. Von dort läuft man ca. 10 Minuten. Den etwas kürzeren Fußweg haben Fahrgäste der Buslinie 72 in Richtung Morgental, wenn sie an der Haltestelle „Hügelstraße“ aussteigen. Zu Fuß sind es dann noch etwa 6 Minuten. In unmittelbarer Nähe zum Museum hält die Straßenbahn der Linie 7 in Richtung Wollishofen (Haltestelle Museum Rietberg). Das gesamte Ausstellungsgelände kann problemlos von Rollstuhlfahrern besucht werden.


Informationen über das Museum Rietberg

Öffnungszeiten:
Montag: Geschlossen
Dienstag-Sonntag: 10:00-17:00 Uhr
Mittwoch: Bis 20:00 Uhr geöffnet

Eintrittspreis Sonderausstellung & Sammlung
Erwachsene: CHF 18.00
Reduziert: CHF 14.00
Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre: kostenlos

Eintrittspreise Sammlung:
Erwachsene: CHF 14.00
Reduziert: CHF 12.00
Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre: kostenlos

Adresse:
Museum Rietberg
Gablerstrasse 15
8002 Zürich
Telefon: +41 (0)44 415 31 31
Webseite: www.rietberg.ch

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