„Museen sind die Hüter der Vergangenheit, das Spiegelbild unserer kulturellen Gegenwart und die Visionäre der Zukunft.“ Lautete das Grußworte von Harald Ringstorff zum 30. Internationalen Tag des Museums.

Das ursprünglich den Musen der Kunst gewidmete Heiligtum der Antike, der Musentempel, ist in der modernen Gesellschaft zum Namensgeber einer kulturwissenschaftlichen Institution mit Bildungsauftrag herangewachsen.

Das Kunstmuseum als zeitloser Botschafter der Menschheit

Wenn wir die Geschichte des Kunstmuseums betrachten, so ist sie gleichsam im Kontext der historischen Entfaltung künstlerischen Schaffens, eingebettet in den Rahmen der menschlichen Evolution, zu sehen. Dies wirft gleichermaßen die Frage auf: „Wie definiert sich ein Museum?“

Wenngleich die Funktion eines Kunstmuseums heutzutage im „ICOM Code of Ethics for Museums“ (Ethische Richtlinien für Museen) international standardisiert ist, so erinnern wir uns daran, dass der Mensch einst begann in Steinzeithöhlen seine ersten Werke zu verewigen. Ob wir die Bilder in diesen Felsmuseen, wie beispielsweise die Höhle von Chauvet (datiert auf 32.000 Jahre v.u.Z.), von heutiger Warte aus, als Kunstwerke betrachten, ist zu vernachlässigen, wenn wir den Fokus auf den Zweck der Malerei, der, seit Menschen gedenken, gleichgeblieben ist, richten.

Religiöse Motive, innere Wünsche und Träume, die in der Tiefe der Seele des Individuums schlummern, wollen geweckt, zum Leben erschaffen und in der Außenwelt manifestiert werden. So finden diese unbewussten Mysterien ihren kreativen Ausdruck in Abbildungen der Umwelt, mythischen Darstellungen und Skulpturen. Dabei spielt der Gedanke an die eigene, menschliche Begrenztheit, angesichts der Ewigkeit, eine große Rolle. Kunstwerke zu erschaffen, die die Lebenszeit überdauern und welche eine Botschaft für die Welt hinterlassen, bilden wohl die Grundlage jeglichen künstlerischen Schaffens. Die Aufgabe eines Kunstmuseums ist es nun dieses für die Nachwelt zu konservieren und damit als Kommunikator über mehrere Zeitalter hinweg zu fungieren.

Der historische Einfluss von Religion auf die Geschichte von Kunstmuseen

Der Einfluss der Religion auf die Geschichte von Kunstmuseen ist insbesondere hervorzuheben, da die zunehmende Christianisierung Europas, ab etwa 391 i.d.Z., und das damit einhergehende, umstrittene „Abbildungsverbot“ immer wieder Brüche in der Kunstgeschichte des mittleren Westens verursacht. Religiös motivierte Ikonographie und Skulpturen werden in wechselndem Rhythmus erschaffen und, in mehrfacher Besinnung auf das dritte Gebot der christlichen Bibel, wieder zerstört.

Erst im Zuge der Renaissance des ausgehenden Mittelalters, ab dem 14. Jahrhundert, und der kopernikanischen Wende in der Auffassung des Weltbildes (1507) werden antike Ideale wiederentdeckt und in die kirchlichen Lehren des abendländischen Christentums verwoben. Unterstützt wird dies durch die Anhäufung von immensem Barvermögen durch Zwangsabgaben sowie Kriegsbeute aus den Kreuzzügen, welche, um einem Wertverfall vorzubeugen und mit der Begründung das „einfache“ Volk würde diese Form der Gottesvorstellung benötigen, in die Anfertigung von Ikonographen, Skulpturen und die Ausschmückung von Kirchen investiert wird. Des Weiteren taucht das Phänomen der selbstüberhöhenden Portraitmalerei kirchlicher Würdenträger, ganz im Geiste antiker Vorbilder, auf, wodurch diese Kunstform letztlich salonfähig wird.

Der Wettlauf um Prestige gebiert erste Vorläufer des Kunstmuseums

Könige, Adelsstände und Bürger von hohem Rang wollen sich nun ebenfalls ein ewiges Denkmal setzen und beginnen, besonders zur Zeit des Barocks, zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert, sich in allen denkbaren, heroischen Positionen malen zu lassen. Es werden massenweise Einzelpersonen, gesellschaftliche Zusammenkünfte, Jagdausflüge, zunehmend jedoch auch Alltagssituationen und Landschaften, portraitiert. Zusätzlich werden ganze Schlösser und Kirchen mit den synkretischen Idealen christlicher und hellenistischer Herkunft bebildert.

Die privilegierten Stände erlauben sich demnach Kunst zu betreiben und zu fördern, nicht nur um der Eintönigkeit eines Lebens in Wohlstand zu entkommen, oder um sich selbst, wie es beispielsweise schon im Alten Ägypten der Fall war, ein Monument zu setzen, sondern, vor allem, weil diese Gemälde wegen der Malutensilien und der Zeit, die ein begabter Künstler aufwenden musste, ausnehmend teuer waren. So machten die, oft aus seltenen Edelsteinen und Pflanzen gewonnenen, Farbextrakte es für einen Maler dieser Zeit unumgänglich einen Mäzen zu finden, der das eigene Schaffen fördert.

In diesem Wettlauf um Prestige mittels Selbstbildnissen und der Bebilderung der eigenen Reichtümer etablieren sich unter den Adelsständen und dem betuchten Bürgertum Sammler von Gemälden und Skulpturen, die ihren privilegierten Status auf Matinées und Hofbällen, wo Gleichrangigen die Werke vorgeführt werden, unterstreichen. Alsbald entwickeln sich in der Spätrenaissance auch, so genannte, Wunderkammern, wo im mythisch geprägten Anhaften allerlei Gegenstände unterschiedlicher Herkunft, aus aller Herren Länder und geschichtlichem Hintergrund, gesammelt und zur Schau gestellt werden. Darunter auch Werke namhafter Künstler.

Das institutionelle Kunstmuseum wird zur repräsentativen Machtdemonstration

Angeheizt durch den Imperialismus der Kolonialmächte und dem aufkeimenden Nationalismus, werden erste Gemäldegalerien und Kunstmuseen zu repräsentativen Zwecken, wie beispielsweise die Königliche Gemäldegalerie 1747 in Dresden, das Palais de Luxembourg 1750 in Paris, das British Museums 1753 in England und die erste Pinakothek, der Prado in Madrid, im Jahre 1819 in Spanien, eingerichtet.

Allen voran jedoch wird das im Jahre 1793 begründete Musée national des Arts – der Louvre – mit dem Anspruch der „Repräsentation absolutistischer Macht“ zum Vorbild für die Entwicklung von Kunstmuseen in ganz Europa sowie in weiterer Folge auch in Amerika und dem Rest der modernen Welt. So wählte das 1872 eröffnete Metropolitan Museum in New York den Louvre zum Vorbild für sein Ausstellungssarrangement.

Um imperialistischen Ansprüchen zu genügen wird unter Napoléon Bonaparte nach jeder siegreichen Schlacht, ein Anbau zum Musée Napoléon im Louvre errichtet, wo das erbeutete Kriegsgut über koloniale Errungenschaften berichtet und damit den Nationalstolz stärkt. In Konkurrenz dazu, und nachdem auch in Wien und Dresden die ersten Gemäldegalerien eröffnen, gründet schließlich 1830 auch Berlin ein Kunstmuseum (heute: Altes Museum Berlin).

Die Europäische Revolution als Auftakt zum Bildungsauftrag des Kunstmuseums

Im Zuge der Europäischen Revolution, die zu einem Werte- und Ständeumbruch und damit zur Neuordnung der Gesellschaft führt, werden Privatsammlungen ehemals privilegierter Stände enteignet und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Nun ist es auch niederen Ständen, armen Bürgern, Arbeitern und Bauern möglich die Kunstwerke großer Meister zu bewundern. Viele ehemalige Adelsresidenzen werden dafür zu Museen umfunktionalisiert. Der Anstieg des Bildungsniveaus durch die zunehmend flächendeckende Schulpflicht brachte das Leitmotiv des zeitgenössischen Kunstmuseums, das nun auf die Heranbildung des Bürgers in der Kunstbetrachtung und -ausübung fokussiert, hervor.

Im Rahmen ihres Bildungsauftrages geben heutige Kunstmuseen ihren Besuchern Raum zur Erforschung der Tiefen der menschlichen Seele, ausgedrückt durch bildhaftes und skulpturelles Schaffen bedeutender Künstler vergangener und gegenwärtiger Zeiten.

Die Ausstellung von Exponaten erfolgt gemäß der eigens eingerichteten Disziplin der, von Alfred Lichtwark (1952-1914) mitbegründeten, Museumspädagogik, die ihre Pionierarbeit dem Louvre verdankt, wo die Herauslösung der Kunstwerke aus dem Ensemble höfisch-monarchischer Repräsentation hin zur Objektivierung für kunsthistorische und wissenschaftliche Zwecke erstmals durch die Erhebung und Klassifizierung von Malschulen sowie die chronologische Reihung von Gemälden, Anwendung fand. Die moderne Museumspädagogik berücksichtigt im Arrangement der Kunstwerke jedoch nicht nur kulturelle und gesellschaftliche Gegebenheiten des jeweiligen Künstlers, sondern bezieht diese auch auf moderne Entwicklungen der Geschichte.

Die heutige Museumspädagogik greift auch auf zeitgemäße Kommunikationsformen zurück, um dem Betrachter möglichst vielfältige Perspektiven auf ein Kunstwerk zu eröffnen und das Schaffen des jeweiligen Künstlers im geschichtlichen Kontext lehrreich darzustellen.

Neben Universalmuseen sind auch Kunstmuseen entstanden, welche speziell einem Kunstschaffenden gewidmet sind und vorwiegend dem Œuvre eines Künstlers widmen.

Seit 1986 gibt es Ethische Richtlinien für Museen (ICOM Code of Ethisch for Museums), die die Funktion eines Museums international auf einen Standard vereint. Dieser bildet die Basis für die professionelle Arbeit eines Museums, das, laut Satzung, „eine gemeinnützige, ständige, der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtung im Dienst der Gesellschaft und ihrer Entwicklung, die zu Studien-, Bildungs- und Unterhaltungszwecken materielle Zeugnisse von Menschen und ihrer Umwelt beschafft, bewahrt, erforscht, bekannt macht und ausstellt“.

Heutige Kunstmuseen stellen jedoch nicht nur aus, in Form von Exponaten, sondern verwahren und verwalten auch Deponate, welche im museumseigenen Depot kategorisiert, zur Werterhaltung restauriert und zu wissenschaftlichen Zwecken von den Kuratoren erforscht werden. Aus dem Depot werden zeitweise auch Sonderausstellungen organisiert, welche die Schausammlungen – die Werke, welche dauerhaft exponiert werden – thematisch bereichern und zusätzlich Besucher anlocken sollen. Das Budget vieler Museen, auch wenn früher aus Prestigezwecken aus Staatsmitteln gefördert und finanziert, ist heute knapp bemessen. Daher greifen viele Museumsdirektoren auf Veranstaltungen, wie zum Beispiel Die lange Nacht der Museen, und Themenausstellungen zurück um Interessenten einen Mehrwert zu den zur Schau gestellten Kunstwerken zu vermitteln. Viele Museen bieten heute zusätzlich einen Bibliotheksraum und unterhalten Cafés, Restaurants und Aussichtsterassen, da einige Kunstmuseen in ihrer Bauart selbst ein architektonisches Meisterwerk im Stadtgefüge darstellen.

Die digitale Revolution entdeckt das virtuelle Kunstmuseum

Nahezu jedes Kunstmuseum verfügt heutzutage über eine Präsenz im Internet, wenngleich die Exponate nur teilweise oder gar nicht ausgestellt werden, sondern lediglich informativen Zwecken dienen. Im Gegensatz dazu hat sich mittlerweile erfolgreich das virtuelle, oder auch digitale, Kunstmuseum etabliert, wobei es hier zu einer Verschiebung des Fokus vom Objekt hin zur Information gekommen ist. Wenngleich die reale Erforschung und die Sinneseindrücke in einem Kunstmuseum für wahrhaft Kunstinteressierte unerlässlich bleiben, so sind die Vorteile eines virtuellen Kunstmuseums, vor allem durch seine ständige Verfügbarkeit, die räumliche Nähe sowie die Möglichkeit, komplexe Informationsgebilde und Kunstprozesse für den Besucher mittels Simulationen nachvollziehbar zu machen, eindeutig.

Inwiefern das virtuelle Kunstmuseum die reale Variante ablösen kann, bleibt offen, da gerade digitale Museen das Interesse an Gemälden erneut wecken und zu einem Besuch in einem bodenständigen Kunstmuseum anregen können, um Kunstwerke in echt zu studieren. In jedem Fall ist eine hybride Variante von virtuellen und realen Kunstmuseen absehbar und teilweise bereits im Entstehen.

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