Das Zentrum Paul Klee – kurz ZPK – wurde 2005 in Bern eröffnet. Das Museum ist in einem wegweisenden, futuristischen Gebäude des Stararchitekten Renzo Piano untergebracht. Es ist mehr als nur ein Ort für wechselnde Ausstellungen über den Künstler Paul Klee. Das Museum versteht sich als übergreifende Begegnungsstätte: Neben thematischen Ausstellungen wird auch zeitgenössische Kunst gezeigt. Daneben finden im Zentrum Paule Konzerte, Vorträge und Theateraufführungen statt.
Moderner Begegnungsraum mit vielen Facetten
Das Zentrum Paul Klee wurde von dem Mäzen Maurice Edmond Müller (1918 bis 2009), einem Berner Chirurgen, gestiftet. Klees Nachlass, der ursprünglich im Kunstmuseum Bern beheimatet war, wird seither hier ausgestellt: Die Sammlung umfasst gut 4.000 von den insgesamt 10.000 Werken Paul Klees. Daneben existiert ein breit gefächertes Archiv- und Dokumentations- sowie ein Forschungszentrum. Es dient dazu, die Persönlichkeit und Künstlerfigur Paul Klee umfassend zu präsentieren – auch international. Das Museum ist ein spartenübergreifender Ort, wo Literatur, Theater, Tanz und Musik gleichermaßen über die Bühne gehen. Schließlich schrieb Klee selbst Gedichte und Novellen und war als Geiger der Musik sein Leben lang – auch bildnerisch – eng verbunden.
Das Zentrum Paul Klee stellt seine Kunstwerke im mittleren Glasgebäude aus. Auf 1.750 Quadratmetern Fläche wird die Sammlung in unterschiedlichen Ausstellungen präsentiert. Zugrunde liegt dem Ausstellungskonzept ein offenes Raumprogramm, das jeweils durch Stellwände stimmig verändert werden kann. Café, Seminarräume und das Kindermuseum Creaviva sind dagegen in der nördlichen Welle untergebracht. Ebenso das Auditorium mit Platz für bis zu 300 Besucher sowie – teils im Untergeschoss – Theater-, Kongress- und multifunktional genutzte Räume.
Riesiger Werkbestand – rotierende Ausstellungen
Der immense Bestand an Kunstwerken Klees macht es nötig, sein Werk immer wieder auf neue Art und Weise zu präsentieren. Dies hat durchaus seine Vorteile: Man setzt auf unterschiedliche thematische Schwerpunkte, ergänzt Themen durch passende Leihgaben und erhält von Kuratoriumsseite dadurch die Möglichkeit, Paul Klee von ganz verschiedenen Seiten zu beleuchten. Und umgekehrt unterstützt das Zentrum Paul Klee auch Museen in aller Welt mit Leihgaben.
Nicht nur berühmte, sondern auch weniger bekannte Werke haben die Möglichkeit, dem Publikum präsentiert zu werden. Gut 4.000 Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen lagern im Depot, von denen jeweils zwischen 120 und 150 bei wechselnden Sonderausstellungen gezeigt werden. Dies kommt auch den lichtempfindlichen Kunstwerken zugute. Bei einer Dauerpräsentation würden die Farben leiden. Da Klee auch technisch sehr experimentierfreudig war, sind viele Werke äußerst fragil. Ruhepausen verhindern, dass Papier brüchig und braun wird oder die Farbe ausbleicht.
Paul Klee als Wegbereiter der Moderne
Grundsätzlich werden im Zentrum Paul Klee Wechselausstellungen über bestimmte Schaffensperioden oder zu bestimmten Schwerpunkten gezeigt. Dass die Auseinandersetzung mit der Natur für Klee ein großes Thema war, ist bekannt. Neben der reduzierten Form wie auf dem Kleisterbild Park in Lu von 1938 kommt dabei auch immer der kraftvollen Farbe sowie dem politischen Kontext eine besondere Bedeutung zu. Auch deswegen laufen im Zentrum Paul Klee zusätzliche Ausstellungen über zeitgenössische Kunst, beispielsweise aus China. Themen wie der Baum in der künstlerischen Rezeption verschiedener Künstler schlagen einen Bogen zu Paul Klee, der zeit seines Lebens eng mit der Natur verbunden und in seinem kreativen Ausdruck von ihr beeinflusst war. Solche Grenzüberschreitungen“sind gerade interessant: So wie Klee und seine Künstlerfreunde Picasso, Macke, Marc, Münter, Kandinsky, Matisse Wegbereiter für die Moderne waren, kann auch heute noch Kunst einen Bogen zu politischen, sozialen und umweltspezifischen Fragen schlagen. Denn Kunst agiert nie nur im luftleeren Raum, sondern ist immer auch eine Auseinandersetzung mit der Frage, wie Menschen leben und was sie bewegt.
Form und Farbe
Als Expressionist, Kubist, Konstruktivist und auch Surrealist steht Paul Klee für die Auseinandersetzung mit Formen, Bewegung und Farbabstufungen. Über alle Schaffensperioden hinweg ist die geometrische Form Ausdruck einerseits für die Natur, wie etwa in seinem Bild Der blühende Garten von 1930 in leuchtenden Pastellfarben und gleichermaßen für die Auseinandersetzung mit der Stadt, wie sein Städtebild mit roter Kuppel in gedeckten Erdtönen von 1923 zeigt. Große Bedeutung kommt auch Klees grafischem Werk zu. Von tanzenden Menschen über bewegte Fischschwärme bis zu im Raum schwebenden, kreisrunden Formen stellen sie oft eine Auseinandersetzung vor allem mit Bewegung dar. Der Künstler lotete dabei alle denkbaren Formen aus: Schreiten, Gehen, Tanzen bis zu Fließ- und Schwungkräften oder der Überwindung der Schwerkraft. Dieses Thema ist in allen Schaffensphasen des Schweizer Künstlers vorherrschend. Doch nicht nur die Auseinandersetzung mit Natur, Kosmos und Farbe war und blieb ein Antrieb von Klees künstlerischem Schaffen. Auch Freundschaften zu Künstlerkollegen befruchteten sein Werk in die eine oder andere Richtung. Ein Beispiel dafür sind Werke, die sich mit grafisch-geometrischen Inhalten wie jenen Kandinskys auseinandersetzen. Auch die gemeinsame Arbeit und Auseinandersetzung mit August Macke, während der Tunisreise – schließlich suchte jeder Künstler nach seinem adäquaten Ausdruck für Licht und Sujet, nahm aber gleichzeitig Elemente der anderen Künstler mit auf.
Im Zentrum: Pual Klees einzigartige künstlerische Laufbahn
Es ist kein Zufall, dass Paul Klee, welcher von 1879 bis 1940 lebte, in der Schweizer Hauptstadt ein Denkmal gesetzt wurde: Hier wuchs Paul Klee auf und fertigte erste Kinder- und Jugendzeichnungen. Die musische Begabung hatte er von beiden Eltern: Sein Vater Hans Klee war Geiger und Musiklehrer, die Mutter Ida Sängerin. Aber auch die Großmutter mütterlicherseits hatte entscheidenden Einfluss auf ihr Enkelkind! Sie, die gerne stickte und zeichnete, brachte Paul die ersten Buntstifte und ermunterte ihn zu malen. Und hier in Bern lebte der Maler auch später mit seiner Frau, der Pianistin Lily Stumpf. Insgesamt verbrachte Paul Klee 33 Jahre seines Lebens in Bern.
Erste künstlerische Schritte des Multitalents Paul Klee
Was macht Klee zu einem der herausragenden Künstler des 20. Jahrhunderts? Seine Begabung, seine Suche nach Neuem, seine enorme Vielseitigkeit. Viele Jahre wollte Klee Musiker werden, spielte selbst auf hohem Niveau Geige. Auch in späteren Jahren war er Mitglied bei unterschiedlichen Orchestern und Kammerformationen. Als bildender Künstler entwickelte sich Klee stetig weiter, experimentierte über viele Jahre mit Farbe und ihren Möglichkeiten. War Teilnehmer der berühmten Tunisreise und fand dort tatsächlich zu vollendeter Sicherheit im Umgang mit Farbe. Klee, der ebenso literarisch Begabte, hat das selbst folgendermaßen ausgedrückt:
„ES DRINGT SO TIEF UND MILD IN MICH HINEIN, ICH FÜHLE DAS UND WERDE SO SICHER, OHNE FLEISS. DIE FARBE HAT MICH. ICH BRAUCHE NICHT NACH IHR ZU HASCHEN. SIE HAT MICH FÜR IMMER, ICH WEISS DAS. DAS IST DER GLÜCKLICHSTEN STUNDE SINN: ICH UND DIE FARBE SIND EINS. ICH BIN MALER„
Was leicht klingt, war in Wirklichkeit ein mühsamer Weg, der – vor allem in den Anfängen – mit Gefühlen der Einsamkeit und Unsicherheit verbunden war. Und dies, obwohl Paul Klees Werdegang kontinuierlich verlief. Nach der – mühsam bestandenen Matura – ging Klee nach München und lernte dort im Selbststudium bei Heinrich Knirr (1862 – 1944), später an der Akademie bei Franz Stuck (1863 – 1928). Beide Künstler erkannten Klees Talent – und umgekehrt begann Klee umgekehrt in dieser Zeit mit Ton und Plastilin zu arbeiten.
Künstlerische Entwicklung
Früh schon lernte Klee in München den Juristen und Maler Kandinsky kennen. Später stand er in Austausch mit Mitgliedern des berühmten Blauen Reiters und konnte dort auch 1912 seine grafischen Arbeiten zeigen. Zu malerischer Blüte gelangte Klee tatsächlich erst 1914 – durch die bereits erwähnte Tunisreise mit Louis Moilliet und August Macke. Auf der Tunisreise entstanden viele Skizzen und zügig gearbeitete Aquarelle, die das Weiß des Blattes mit einbeziehen, um die Lichtintensität ausdrücken zu können (vergleiche Badestrand St. Germain bei Tunis, 1914). Und auch nach seiner Rückkehr verarbeitete Klee das Gefühlte und Gesehene seiner Reise. Wie beispielsweise in dem Bild Kairun, vor dem Thor. Hier malte er überwiegend abstrakt und untergliederte durch vertikale oder gebogene Linien sein Bild in unterschiedliche Bereiche. Figuren, Kamel und Wagen etwa sind nur fragmentarisch angedeutet. Augenfällig dagegen: Die teils fasrig verlaufenden, sich überlagernden lasierten Farbfelder.
Vielseitigkeit
Paul Klee ist für seine grafischen und poetischen Werke berühmt. Weniger bekannt dürfte sein, dass der Künstler – ähnlich wie Picasso, den er auch persönlich kannte – sich mit anderen Materialien ausprobierte. Schließlich hatte er in München ursprünglich Bildhauerei studieren wollen, die er als ideale Kunst ansah. Plastiken, ob aus Keramik, in Verbindung mit Steinen oder als Künstlerpuppen mit unterschiedlichen Charakteren – gehören auch zum breit gefächerten Werk des genialen Künstlers Klee. Seine Kunst bedeutet Verwandlung und Grenzüberschreitung. Auch in diesem Sinne war Paul Klee ein ganz und gar moderner, die Zukunft antizipierender Künstler: So wurde ein gewöhnlicher Stein in Verbindung mit einem geschliffenen Ziegel unter Klees Händen zu einem Kopf (vergleiche Plastik von 1919). Und so verarbeitete er seine botanischen wie musikalischen Erfahrungen in zahlreichen Werken, etwa dem berühmten Gemälde Versunkene Landschaft von 1918: Mond, Himmelsblume, Sonne – alle irdischen Gesetze von oben und unten sind hier auf den Kopf gestellt. In einem wunderbar blauen Kosmos scheinen die Pflanzen gleichermaßen in der Luft zu schweben und ebenso aus Himmel und Erde zu wachsen.
Bauhaus und Professur in Düsseldorf
Mit 41 Jahren wurde Klee als Meister von Walter Gropius an das berühmte Bauhaus in Weimar berufen. Als Erfahrung aus dem Ersten Weltkrieg sollte hier eine zeitgemäße, anti-akademische Ausbildungsstätte geschaffen werden – dies reizte Paul Klee. Bilder wie die Waldbeere von 1921, ein aus sich heraus leuchtendes Geschöpf mit Beerenkopf in verschiedenen Helligkeitsstufen, zeigen diese neue Weltsicht, die sich auch im Feiern von Kostüm- und Jahreszeitenfesten spiegelte. Analyse und Formenlehre gewannen zunehmend an Bedeutung. So auch die Frage, wie es vom Punkt zur Linie kommt und Beweglichkeit Vorbedingung für Veränderung ist. Zunehmende Anfeindung konservativer Kreise führte 1925 zum Umzug des Bauhauses nach Dessau. 1929, nach neun Jahren, verließ Klee das Bauhaus, um ein schon lange bestehendes Angebot als Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie anzunehmen. Einzelausstellungen in aller Welt begleiteten damals schon Klees Lehrtätigkeit. Schlagartig änderten sich jedoch die Lebensbedingungen des Multi-Könners, als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen. Seine letzten Jahre führten den Maler von 1933 – 1940 wieder in die Schweiz, zuvor war ihm an Demütigung seitens der Nationalsozialisten nichts erspart geblieben.
Rückkehr nach Bern
Eine 1935 in Bern gezeigte große Klee-Ausstellung war als Willkommensgruß der Stadt an ihren Sohn gedacht – brachte jedoch nicht den gewünschten Erfolg. Nicht unbeeinflusst von nationalistischem Gedankengut, warf man ihm auch in Schweizer Zeitungen ein zu deutliches Anknüpfen an Kinderzeichnungen vor.
Trotz einer schweren Immunerkrankung seit 1935, schuf Klee noch ein umfassendes Spätwerk in sehr großen Formaten, mit teils archaischen Zeichen, die an Hieroglyphen erinnern. Diese dicken, schwarzen Striche und teils auch impulsiven Zeichnungen verstand der Künstler selbst als Geheimschrift. Während sich in Europa seine Werke zunehmend schlecht verkauften, avancierte er in den Vereinigten Staaten zum angesagten Künstler. Selbst ein Jahr vor seinem Tod, 1939, arbeitete Paul Klee mit großer Disziplin und Schaffenskraft – oft bis spät in die Nacht hinein. Künstlerkollegen wie Picasso, Nolde und Braque, die ihn in jener Zeit besuchten, bewunderten seine Haltung: Allein in seinem Todesjahr 1940 schuf der Künstler noch 366 Werke!
Hommage an einen der größten Maler: Das Zentrum Paul Klee
Wer sich heute mit Paul Klee auseinandersetzt, erlebt einen Künstler von unglaublichem Entwicklungspotenzial und großer Vielfalt. In jeder Lebensphase schuf Paul Klee Eigenes – die Sammlung in Bern belegt dies auf eindrucksvolle Art und Weise. Als Ort der Begegnung und des Austauschs kommt dem Zentrum Paul Klee eine über die reine Präsentation hinausweisende Aufgabe zu: Einen der kreativsten Künstler in vielfachen Zusammenhängen zu beleuchten und sein Andenken lebendig zu halten!
Klee und Bern – eine Verbindung über den Tod hinaus
Schon die Lage des Zentrums Paul Klee ist besonders. Obwohl 18 Straßen in Bern nach dem Künstler benannt sind, liegt das Museum etwas abseits, im Monument im Fruchtland 3. Hier – umgeben von einer sanft geschwungenen grünen Landschaft – hat der Maler nicht nur auf dem benachbarten Friedhof seine letzte Ruhestätte gefunden. Hier laden auch der angrenzende Skulpturenpark sowie zahlreiche Spazierwege zu anregenden Rundgängen ein. Gleichzeitig liegt das Museum in unmittelbarer Nähe zur Autobahn A6 und ist daher auch für Touristen unkompliziert zu erreichen. Im Übrigen setzte Renzo Piano sein Glasgebäude bewusst in die Nähe zur Autobahn, die er als „Lebensader unserer Zivilisation“ beschrieb. Wer nicht mit dem Auto anreisen möchte, ist übrigens auch gut angebunden: Mit den Linien 10, 12 und der Tram 7 erreicht man das Zentrum Paul Klee ebenso.
Konzept und des Zentrums Paul Klee
Das Museum ist in drei wellenartig geschwungenen Glasgebäuden untergebracht. Diese scheinen die Landschaft nachzuahmen. Und tatsächlich ist das von Renzo Piano beabsichtigt. Er wollte eine Einheit von Natur und Architektur herstellen, ein Gebäude entwerfen, um das „Feld zu bestellen als wären wir Bauern und nicht Architekten“. Anders ausgedrückt: Die Landschaft sollte derart zu einem Landschaftsraum geformt werden, dass eine Landschaftsskulptur daraus wird. Die Idee, das Gebäude als drei Wellen anzulegen, stand folglich am Ende der Überlegungen, wie sich ein Museumsgebäude aus der gegebenen Landschaft heraus entwickeln lässt.
Passend dazu steht der künstlerische Dreiklang Paul Klees, gleichermaßen Maler, Poet und Musiker zu sein. Und natürlich Klees Affinität zu Natur und Botanik, zu Korn und Weizen. Die aufwendige Konstruktion des futuristischen Museumsgebäudes dauerte über fünf Jahre. Ohne Computer gesteuertes Design wäre auch die außergewöhnliche Gebäudegeometrie nicht denkbar gewesen – allein die Glasfassade ist 150 Meter lang und jeder der Stahlbögen hat eine mehrfache Krümmung sowie eine eigene Form.
Informationen zum Museum Zentrum Paul Klee in Bern
Öffnungszeiten:
Montag: Geschlossen
Dienstag-Sonntag: 10:00-17:00 Uhr
Eintrittspreis Sonderausstellung & Sammlung:
Erwachsene: CHF 24.00
Reduzierter Eintritt: CHF 20.00
Studierende / Lernende: CHF 12.00
Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre: 7.00 CHF
Am Sonntag ist die Ausstellung für Kinder und Jugendliche kostenlos besuchbar.
Adresse:
Zentrum Paul Klee
Monument im Fruchtland 3
3000 Bern
Tel: +41 (0)31 359 01 01
E-Mail: info@zpk.org
Webseite: www.zpk.org
Titelbild: Zentrum Paul Klee